Für viele Eltern stellt sich die Frage, ob sie ihren Kindern Spiele verbieten sollen, welche für ihr Alter nicht geeignet sind. Die starke Gegenwehr der Jugendlichen macht diese erzieherischen Entscheidungen für Mama und Papa oft nicht einfach. Jugendliche fühlen sich durch Altersbegrenzungen eingeschränkt.
Jugendliche argumentieren oft, dass sie es grundsätzlich gut fänden, dass es solche Altersbeschränkungen gäbe, sie erachten diese aber für sich selber nicht als gültig. Entwicklungspsychologisch betrachtet sind Konflikte vorprogrammiert – erachten sich doch Teenager in der Regel reifer, als sie eigentlich sind. Aber es gibt auch Grenzfälle. Es gibt 17 jährige Spieler für ein Spiel reif genug sind, obwohl sie es eigentlich noch gar nicht spielen dürfen. Ist es falsch, einem reifen 17-jährigen Jugendlichen ein Spiel ab 18 zu erlauben?
Umfrage zu Altersempfehlungen auf gamesucht.com
Zwischen August 2016 und Juli 2018 wurde auf gamesucht.com in einer Umfrage untersucht, ob Eltern ihren minderjährigen Jugendlichen Spiele ab 18 Jahre verbieten würden. An der Umfrage, die auf verschiedenen Orten der Website platziert war, haben insgesamt 176 Eltern teilgenommen. 115 Eltern waren der Meinung, Spiele ab 18 Jahren sicher- oder eher zu verbieten, während dem 61 Eltern Spiele ab 18 eher nicht – oder prinzipiell nicht verbieten würden.
Altersempfehlungen machen grundsätzlich Sinn
„Eigentlich ist unser Jugendlicher reif genug für das Spiel, auch wenn er noch nicht ganz 18 Jahre alt ist. Aber dürfen wir ihm das Spiel überhaupt erlauben?“
Altersempfehlungen sind subjektive Einschätzungen seitens verschiedener Prüfstellen wie PEGI oder FSK. Für die meisten Jugendlichen scheinen diese Einschätzungen sinnvoll. Im Einzelfall kann es aber sein, dass ein Jugendlicher die Reife für ein Spiel ab 18 eben schon mit 17 hat. Deshalb ist es aus psychologischer Sicht nicht grundsätzlich falsch, wenn Eltern einen Jugendlichen beispielsweise mit 17 Jahren nach sorgfältiger Abwägung erlauben, ein Spiel ab 18 zu spielen.
Unser Jugendlicher ist bereits 19, aber wir wollen einfach nicht, dass er dieses neue Killerspiel kauft. Wir haben das Gefühl, es tut ihm wirklich nicht gut.
Es gibt natürlich auch den umgekehrten Fall: Ein 19-Jähriger Jugendlicher möchte ein Spiel ab 18 spielen, wobei ihn seine Eltern als nicht reif genug für das brutale Spiel empfinden. Auch hier ist es durchaus okay, wenn Eltern, die sorgfältige Abwägungen getroffen haben, ihrem Jugendlichen das Spiel verbieten (ja, Eltern dürfen und sollen auch bei über 18-Jährigen noch Regeln machen). Aufgrund der Volljährigkeit des Jugendlichen dürfte dies für die Eltern aber schwierig durchzusetzen sein.
Wichtig für den Entscheid „Du darfst das (nicht) spielen“ ist, dass sich Eltern sorgfältig mit dem Spiel auseinandersetzen. So fällt es Eltern leichter, fundierte Einschätzungen vorzunehmen und das Verbot inhaltlich zu begründen. Verbieten Eltern ein Spiel lediglich aus Prinzip, sind Konflikte vorprogrammiert. Auch Jugendlichen fällt es leichter, sich an Regeln zu halten, wenn sie merken, dass ihre Eltern sich mit dem Inhalt wirklich beschäftigt haben.
Zwei Videos über Altersfreigaben und rechtliche Aspekte
Die einfache Zugänglichkeit von Spielen ab 18
Viele Händler halten sich vorbildlich an die Altersfreigaben. Dennoch kommen Jugendliche relativ leicht an Spiele ab 18 Jahren heran. Beispielsweise können sie mit der Kreditkarte der Eltern ein Spiel online bezahlen und downloaden (z.B. auf der Spieleplattform Steam). Oder sie kaufen sich eine Steam-Geschenkkarte an einer Tankstelle und lösen diese online ein. Spiele ab 18 werden auch von Privatpersonen – beispielsweise auf Ebay oder Ricardo – zum Verkauf angeboten, welche keine Alterskontrolle durchführen (müssen). Häufig gibt es auch grosse Geschwister, die sich ihrer Rolle gegenüber ihren jüngeren Geschwister nicht bewusst sind und die Spiele in Anwesenheit der Jüngeren spielen oder ihnen diese zugänglich machen (lesen sie hier mehr zum Thema ältere Geschwister und Videospiele).
13-jährige, die Spiele ab 18 spielen
Mit 17 ein Spiel ab 18 Jahren zu spielen ist ein Grenzfall. Doch 13- oder 14 jährige Jugendliche sind für Spiele ab 18 deutlich zu jung. Im psychotherapeutischen Praxisalltag ist oft zu beobachten, dass bereits 12- oder 13-jährige Jugendliche mit Spielen ab 18 Jahren konfrontiert sind. Und oftmals nicht – wie man denken könnte – im Versteckten, sondern im Wissen und mit (zumindest passiver) Erlaubnis der Eltern, welche oft verunsichert sind und von ihren Kindern hören, wie sinnlos doch diese Altersbeschränkungen seien. Doch genau wie vor ungeeigneten Büchern und Filmen, müssen Jugendliche auch vor ungeeigneten Videospielen geschützt werden.
Eltern sind unter Druck
Eltern haben manchmal die Vorstellung, dass sie über Dinge, die sie nicht verstehen, keine Regeln machen dürfen. Auch wenn nicht alle Eltern Videospielexperten sind – die meisten Eltern sind absolute Experten, was ihre Kinder betrifft und sollen durchaus mutig Entscheidungen treffen.
Versuchen Eltern, einem Kind ein Videospiel zu verbieten, stossen sie oft auf massive Gegenwehr der betroffenen Jugendlichen. „Aber Papa, ALLE Kinder in meiner Klasse spielen dieses Spiel!“. Das kann schon sein, aber das wäre dann durchaus ein guter Grund für die Eltern, sich mal mit den anderen Eltern dieser Klasse in Verbindung zu setzen und sich darüber auszutauschen, ob das wirklich stimmt.
Oftmals stehen Jugendliche auch unter einer Art Gruppendruck, ein Spiel quasi spielen zu müssen, um dabei zu sein. Auch dies wäre für Eltern sehr wichtig zu wissen. Jugendliche haben oft Angst, ausgeschlossen zu werden und auch viele Eltern haben die Befürchtung, ihr Kind wird ausgeschlossen, was Eltern ein schlechtes Gewissen machen kann. Hier sollte sorgfältig abgewogen werden, was überwiegt: Die Gefahr, nicht mehr dabei zu sein oder die nichtjugendfreien Inhalte eines Spiels.
Eltern sollen ihre Macht nutzen – aber clever und bewusst
Eltern haben eine gewisse Macht, Spiele zu erlauben oder zu verbieten und können hierfür auch technische Einstellungen an den Spielkonsolen vornehmen. Diese Macht sollten Eltern bewusst und überlegt einsetzen, um Jugendliche vor nicht geeigneten Inhalten so weit es geht zu schützen.
Sowohl für die „strengeren“ als auch für die „weniger strengen“ Eltern ist es wichtig, sich über die Spiele, die sie ihren Jugendlichen erlauben oder verbieten wollen, richtig zu informieren und mit dem/der Jugendlichen das Gespräch zu suchen, um zu entscheiden, ob ein Spiel erlaubt werden soll oder nicht.
Tipps für Eltern
- Machen sie die grossen Geschwister auf ihre Rolle gegenüber den kleinen Geschwistern aufmerksam
- Wenn ihnen als Eltern ein Spiel nicht gefällt, ist das noch kein Grund ein Spiel zu verbieten. „Kann mein Kind damit umgehen?“ sollte die Frage heissen
- Setzen sie sich mit den Spielen ihrer Kinder auseinander, so wissen sie bescheid und Sie werden ernster genommen
- Überprüfen sie, für was Ihre Kreditkarte im Internet gebraucht wird
- „Das spielen alle in meiner Klasse!“ Setzen sie sich mit anderen Eltern in Verbindung und überprüfen sie diese Aussage. Andere Eltern sind froh, wenn sie sich vernetzen.
- Trauen sie sich, Inhalte, die für ihr Kind nicht angemessen sind, zu verbieten (Filme, Spiele, Bücher…). Kommunizieren sie aber gleichzeitig auch warum und an was sie merken würden, dass ihr Kind mit solchen Inhalten verantwortungsvoll umgehen könnte
- Recherche über Youtube und Google über das Spiel betreiben (investieren Sie hier Zeit, sich eine Meinung zu bilden, damit Ihr Jugendlicher sie auch als Diskussionspartner ernst nehmen kann)
- Gespräch suchen
- Regeln machen
- Kosequent sein