Videospiele als „Medikament gegen Pubertätsprobleme“

1162
computerspielsucht

Videospiele helfen gegen diverse Nebenwirkungen der Pubertät…

In der Tat sind Videospiele dadurch, dass sie fantasievoll, packend, anspruchsvoll und komplex gestaltet sind, ein hervorragendes Medikament für Jugendliche. Sie können den überfordernden Stress unserer Leistungsgesellschaft für kurze Zeit vergessen machen. Sie können das Selbstbewusstsein erhöhen („online bin ich wenigstens jemand“). Sie heben sogar die Stimmung dadurch, dass sie die Ausschüttung von Glückshormonen anregen.  Videospiele können gewisse Eigenschaften fördern, die im Berufsleben wichtig sind (z.B. Fähigkeit, komplexe Probleme zu lösen). Sie bieten Jugendlichen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und fördern Teamwork. Videospielen geben schwierigen Gefühlen, die in der Gesellschaft nur wenig Platz haben, (Bsp. Aggressivität) eine Plattform. Wohldosiert können Videospiele eine Bereicherung für das Jugendalter sein.


…Aber Achtung! Lesen Sie den Beipackzettel!

Wie schon Paracelsus sagte: „Die Dosis macht das Gift“. Und dies trifft auch für Videospiele zu. Im Gegensatz zu pharmakologischen Medikamenten braucht es für das Gamen kein Rezept. Es gibt auch keinen Beipackzettel, der Jugendliche über die Risiken aufklärt. Deshalb müssen Sie und Ihre Jugendlichen sich selber über die Nebenwirkungen Gedanken machen.

Stellen Sie sich vor: Jemand bricht sich den Finger. Aus Angst davor, operiert zu werden, geht er nicht zum Arzt, sondern versucht den komplizierten Bruch mit Schmerzmitteln zu behandeln. Dadurch, dass dies anfangs gelingt, stellt sich die betroffene Person ihrem Problem nicht. „Es ist ja alles in Ordnung, der Finger ist zwar etwas blaugrün, angeschwollen und schief, aber das heilt schon wieder“. Sie können sich denken, dass Schmerzmittel als langfristige Strategie gegen einen komplizierten Knochenbruch zum Scheitern verurteilt sind. Die betroffene Person wird mit der Zeit immer mehr Schmerzmittel brauchen und der Finger droht schief zu verwachsen, was eine Operation unumgänglich macht.

Analog zum Jugendalter wären – Sie haben es bereits erraten – das Schmerzmittel die Videospiele und der Fingerbruch die Entwicklungsaufgabe. Werden Videospiele zum Therapieren von pubertären Entwicklungsaufgaben verwendet, müssen diese schon ziemlich hoch dosiert sein – und trotzdem ist der Versuch schlussendlich zum Scheitern verurteilt. Hat ein Jugendlicher beispielsweise keine Freunde und versucht dies mit Videospielen zu kompensieren statt reale Kontakte zu knüpfen, so wird die Entwicklungsaufgabe „Freunde finden“ nur verzögert und dadurch verkompliziert.

Damit soll nicht gesagt werden, dass Schmerzmittel oder Videospiele schlecht sind! Im Gegenteil, beide helfen vielen Leuten sehr gut, den Alltag trotz Beschwerden und Problemen gut zu überstehen. Dennoch frage ich Sie als Eltern: Gegen was setzt Ihr(e) Jugendliche(r) Videospiele ein und ist es für Ihn/Sie das richtige Medikament in der richtigen Dosierung?


 

Gefällt Ihnen dieser Artikel?